Der Sandpit-Workshop

Von 30. August bis 1. September 2021 entwickelten rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer innovative Lösungsansätze für ein gelingendes Dorf- und Gemeindeleben.

Ein Sandpit-Workshop ist ein mehrtägiger interaktiver Workshop, der zum Ziel hat, die erfolgreiche Erarbeitung menschenzentrierter, exzellenter Ideen und Services zu ermöglichen. Dies gelingt, indem eine heterogene Gruppe von Ideenbringerinnen und Ideenbringern mit Fachwissen aus unterschiedlichsten Bereichen vernetzt wird. Das Format fördert die gemeinsame kreative Zusammenarbeit dieser Personen. Mit einem durchdachten strukturellen Ablauf bietet dieser Workshop optimale Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Diskussion völlig neuer Ideen.

Der Prozess zeichnet sich vor allem durch seine Ergebnisoffenheit aus, bei dem alle Ideen die Chance haben, weiterentwickelt und schließlich verwirklicht werden zu können. Mit dieser Methodik leistet das Land Niederösterreich Pionierarbeit. Die Entscheidung für diese Vorgehensweise fußt auf einem Erfahrungsaustausch mit Organisationen, die bereits im Sandpit-Format Ideen generiert und umgesetzt haben.

Die Teilnehmenden sind 30 ausgewählte Personen aus Gemeinden, der Bevölkerung, und Forschungseinrichtungen aus Niederösterreich, welche sich in einem Auswahlprozess zuvor für die Teilnahme am Sandpit-Verfahren beworben haben. Bei der Auswahl der Teilnehmenden wurde neben einer guten Abdeckung aller Regionen Niederösterreichs auch auf größtmögliche Diversität bezüglich persönliche wie berufliche Erfahrungshintergründe und Interessenslagen geachtet, um dem breit angelegten, transparenten Verfahren gerecht zu werden. Einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer engagieren sich bereits aktiv in ihrer Gemeinde und können entsprechende Erfahrungswerte einbringen.

Begleitet werden die Teilnehmenden von fünf Coaches aus dem DACH-Raum mit fachlicher Expertise im Bereich „Smart Villages“. 


Alex Polleres

Portrait von Alex Polleres
© zur Verfügung gestellt von Axel Polleres

Zur Person

Axel Polleres leitet das Institut für Daten-, Prozess- und Wissensmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien), an dem er seit September 2013 als ordentlicher Professor im Bereich „Data and Knowledge Engineering“ tätig ist.

Er ist außerdem Fakultätsmitglied des Complexity Science Hub Vienna und war 2018 Gastprofessor an der Stanford University in den USA.

Prof. Polleres promovierte 2003 an der Technischen Universität Wien und arbeitete anschließend an Universitäten in Spanien, Irland, sowie in der Forschungsabteilung von Siemens. Seine Forschungsschwerpunkte sind Künstliche Intelligenz, Linked Open Data, Wissensgraphen und deren Anwendungen für das Wissensmanagement im World Wide Web, bzw. generell Technologien um Daten leichter zugänglich zu machen ohne dass die Datenhoheit aufgeben werden muss. Darüber hinaus trug er aktiv zu internationalen Standards des World Wide Web Consortium (W3C) bei, und hat in mehreren nationalen und europäischen Projekten zu Themen rund um offene Daten, Transparenz und Datenschutz gearbeitet.

Zitat

„Digitalisierungsthemen beschäftigen uns in allen Bereichen der Wirtschaft und der Verwaltung, etwa in der Lehre an der Wirtschaftsuniversität, wo es ab Herbst auch ein eigenes Masterprogramme zur "Digital Economy" geben wird, welches ich mich freue, leiten zu dürfen. Nachdem wir auch in unserer Forschung an meinem Institut Themen digitaler Partizipation oder den Impact offener Daten auf regionaler Ebene untersuchen, und ich selbst in Niederösterreich wohne, finde ich gerade Themen mit regionalem Bezug rund um die Digitalisierung besonders interessant und bin schon sehr auf die Ideen und Lösungen, die beim Sandpit NÖ dazu entstehen, gespannt."


Gerald Swarat

Portrait von Gerald Swarat
© zur Verfügung gestellt von Gerald Swarat

Zur Person

Gerald Swarat ist Historiker und Germanist und leitet hauptberuflich das Berliner Büro des Fraunhofer Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE.

Er ist Autor des Buches „Smartes Land- von der Smart City zur Digitalen Region“ und Gründer des Co:Lab Denklabor & Kollaborationsplattform für Gesellschaft & Digitalisierung e.V. 

Er ist in diversen Beiräten, Gremien und Arbeitsgruppen auf Bundes- und Landesebene aktiv u.a. im Digital-Gipfel-Prozess der Bundesregierung, im Vorstand des Bitkom-AK Smart City / Smart Region, als stellv. Sprecher der Regionalgruppe Berlin/Brandenburg der Gesellschaft für Informatik e.V., im NEGZ e.V. und im Gutachterausschuss der KGSt zu Organisation und Informationsmanagement. Außerdem engagiert er sich in der Strategiegruppe des Open Government Netzwerk Deutschland (OGN), das sich für die Förderung eines offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns als ganzheitlichen Ansatz zur Stärkung der Demokratie einsetzt.

Zitat

„Gerade die ländlichen Regionen sollten Digitalisierung stets mit dem Ziel des guten Lebens und der Steigerung des Gemeinwohls vor Augen einzusetzen. Wird in vermeintlichen Smart Cities die Stadt für autonome Systeme optimiert und Fabriken für Roboter, so sollten die Dörfer radikal menschlicher werden! Es ist gerade die richtige Zeit, um die Rolle der Kommunen in der digitalen Transformation genauer unter die Lupe zu nehmen und zu zeigen, dass digitale Technologien dort helfen können, wenn man weiß, wofür man sie benutzen will. Sonst ist man die ganze Zeit dabei, Technikprobleme zu lösen, die es ohne sie nicht gäbe, anstatt die drängendsten Probleme in den Kommunen bei den Menschen anzugehen. Denn Digitalisierung trägt in sich das Problem, dass es aufgrund seiner inhaltlichen Leere und fehlenden sinnstiftenden Anwendung mehr Frustration und Ängste schürt als allen ein positives Bild einer Daseinsvorsorge im Sinne von Teilhabe, Zugang und Chancengleichheit in einer digitalisierten Welt zu vermitteln.“


Jan Adam

Portrait von Jan Adam
© zur Verfügung gestellt von Jan Adam

Zur Person

Jan Adam ist Doktorand am Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management der Universität Potsdam. Er promoviert über das Management der Digitalen Transformation in der öffentlichen Verwaltung. Insbesondere forscht er zu der Rolle von öffentlichen Top-Managerinnen, wie beispielsweise Dezernenteninnen oder Abteilungsleiter und deren Einfluss auf den Outcome von Digitalisierungsprojekten. Neben der Arbeit an seiner Dissertation hat er bereits zu den Herausforderungen und Chancen der Automatisierung von Verwaltungsleistungen publiziert und war an der Erstellung von mehreren Lehr- bzw. Handbüchern beteiligt. 

Vor seiner Tätigkeit am Lehrstuhl war Jan in verschiedenen politischen und Non-Profit Organisationen tätig. Er arbeitete unter anderem sowohl als Kampagnen-Manager für gemeinnützige Zwecke als auch in verschiedenen operativen Positionen im Deutschen Bundestag.

Jan hat einen Bachelor of Science mit dem Schwerpunkt Sozialwissenschaften und Sozialpsychologie an der Universität Köln erworben und einen Masterabschluss in Verwaltungswissenschaften (Public Policy and Management) von der Universität Potsdam erhalten.

Zitat

"Die Teilnahme am Sandpit Workshop NÖ bedeutet für mich, über Grenzen zu schauen. Zum einen über die nationale Grenze hinweg, hinein in die Erfolge und Besonderheiten der niederösterreichischen Digitalisierung im ländlichen Raum und zum anderen von der Wissenschaft in die Praxis zu blicken und sowohl neue Impulse für Forschung zu erhalten als auch bestehende Forschungsergebnisse mit engagierten Menschen in Niederösterreich zu teilen."


Raphaela Kaisler

Portrait von Raphaela Kaisler
© zur Verfügung gestellt von Raphaela Kaisler

Zur Person

Raphaela Kaisler promovierte im Fachbereich der Psychologie und studierte Molekularbiologie und Wissenschaftskommunikation an der Universität Wien und der Dublin City University. Sie leitet das Team für “BürgerInnenbeteiligung in der Forschung” am Open Innovation in Science Center der Ludwig Boltzmann Gesellschaft.

Dabei entwickelt und testet sie Methoden und Formate für die aktive Einbindung, Mitgestaltung und Mitbestimmung von PatientInnen und der Öffentlichkeit in Forschungsaktivitäten und unterstützt Forschende bei der Umsetzung der Beteiligungsaktivtäten. Davor sammelte sie Berufserfahrung als Programmmanagerin im Forschungsservice der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der „Cognitive Science Platform“ der Universität Wien und unterstützte Forschende bei der Einwerbung von nationalen und europäischen Drittmitteln. Als Wissenschaftlerin beschäftigte sie sich mit Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Krebsforschung, der Neurowissenschaften und der Sozialpsychologie mit Forschungsaufenthalten in Finnland. Derzeit forscht sie im Fachbereich der Psychotherapie und begleitet Kinder, Jugendliche und Erwachsene als Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision in freier Praxis.

Zitat

“Ich finde das Format Sandpit sehr spannend, da unterschiedliche AkteurInnen und Sichtweisen zu einem Thema zusammen kommen. Dadurch können innovative Ideen gemeinsam unter Berücksichtigung unterschiedlicher Bedürfnisse entwickelt und neuartige Ansätze leichter implementiert werden.“ 


Susanne Gill

Portrait von Susanne Gill
© zur Verfügung gestellt von Susan Gill

Zur Person

Susanne Gill ist Diplom-Geographin und Projektleiterin in diversen Projekten bei der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz. Hier beschäftigt sie sich seit einiger Zeit mit der Frage, wie eine Gesellschaft von morgen aussehen könnte und welche Bedarfe eine solche Gesellschaft in der Zukunft haben kann. Sie erprobt dafür in modellhaften Projekten, welche Lösungen dafür in Frage kommen können. Dabei ist eine enge Partnerschaft mit den Kommunen in Rheinland-Pfalz wichtig und die Zusammenarbeit erfolgt in enger Abstimmung mit den kommunalen Vertretern.

Oft haben die Modellprojekte einen digitalen Bezug. Ob in der Entwicklung von digitalen Anwendungen für ein gelingendes Dorfleben (Digitale Dörfer), oder die Erprobung von Video-Sprach-Assistenten unter hochbetagten Menschen (Digitale Nachbarschaften). Seit 2018 bietet die Entwicklungsagentur Kommunen in Rheinland-Pfalz an, bei der Entwicklung von Digitalstrategien zu unterstützen. In Form von individuellen Workshops (Digitale-Werkstätten). Des Weiteren unterstützt Susanne Gill im Rahmen Ihrer Arbeit bei der Entwicklungsagentur Kommunen dabei Coworking-Spaces einzurichten und zu etablieren (Dorf-Büros).

Im Laufe der Zeit ist aus diesen Projekten und der Zusammenarbeit mit verschiedensten Fachbereichen ein großes Netzwerk entstanden, das einen intensiven Erfahrungsaustausch bietet.

Die Coaches wechseln am Ende des Workshops in die Rolle der Jury, wo sie zusätzlich von drei landesinternen Jurymitgliedern unterstützt werden. Dabei hat die landesinterne Jury die Aufgabe, zu prüfen, welche Ideen am besten zu den niederösterreichischen Gegebenheiten und in die Region passen.

Die Jury bewertet Neuartigkeit, Umsetzbarkeit und potenziellen Nutzen sowie die Umsetzbarkeit der entwickelten Ideen in Niederösterreich am Ende des Sandpit objektiv und transparent anhand folgender Kriterien: 

  • Innovationskraft
  • Relevanz
  • Skalierbarkeit
  • Umsetzbarkeit
  • Strahlkraft
  • MIT! ist die Verbindung von Mitfahrgelegenheiten (ridesharing) und allen öffentlichen Verkehrsmittel in einer Anwendung. Es zeigt in Echtzeit den Individualverkehr der User an, zum Beispiel wo jemand gerade mit dem Auto unterwegs ist (nur bei Zustimmung der User). Das System ist mitlernend und erkennt Standardrouten des Fahrers/der Fahrerin nach einiger Zeit (zum Beispiel: Arbeitswege). So kann ein/e potentielle Mitfahrer/in leicht mit einem Klick eine Anfrage stellen. In Zukunft sollen auch Kalendereinträge automatisch mit der App verbunden werden, sowohl für Mitfahrende wie auch für FahrerInnen. Zusätzlich zu dieser digitalen Anwendung wurde ein physischer Mobilitätshub in den Gemeinden geplant, der strategische Überlegungen hinsichtlich eines „Verkehrszentrums“ bündelt. Damit werden Verkehrsdrehscheiben in den Gemeinden angelegt, wo zum Beispiel die Busse wegfahren, wo der Arzt bzw. die Ärztin, ein Lebensmittelgeschäft sich ansiedeln und somit gut erreichbar sind. 
  • ZAUMKUMMA funktioniert als Plattformlösung für die Anliegen und Interessen von Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger. Diese verbindet auf einfache Weise Personen, die Kontakt in einer Gemeinde suchen, vielleicht neu zugezogen sind und gleiche Interessen haben, zum Beispiel finden sich dort Personen, die gerne gemeinsam stricken oder laufen gehen. Um auch wenig technikaffine Menschen zu erreichen, werden Dorfbuddies eingesetzt, die helfend bei der Anwendung der digitalen Lösung zur Seite stehen. Dorfbotschafterinnen und Dorfbotschafter werden in dieser Plattform jene Menschen genannt, die online verschiedene Vereine repräsentieren und als Erstansprechpartnerin bzw. –partner dienen und so eventuell leichter einen Zugang zu neuen Mitgliedern finden.
  • SPACEAPP fokussiert sich einerseits auf die Bereitstellung von Informationen in einer Region / Gemeinde und andererseits auf der Digitalisierung der Nachbarschaftshilfe. Die Informationen selbst kommen dabei nicht von der Gemeinde sondern von den Bürgerinnen und Bürger. Auch Informationen zu Hilfeansuchen kann in Form von „Brauche Hilfe bei …“ in der digitalen Lösung angezeigt werden. Dieser Kanal kann von der Gemeinde, den Vereinen und von der Zivilgesellschaft eigenständig verwendet werden. Ist man als Bürger/in in diesem neuen digitalen Netzwerk aktiv, verdient man sich „Nachbarschaftspunkte“. Diese kann man dann entweder wieder gegen andere Leistungen eintauschen oder in einem „OpenSpace“ der Gemeinde aufbrauchen. Zusätzlich ist ein direkter Infokanal der Gemeinde/Bezirk/Land geplant, um die Einwohnerinnen und Einwohner über wichtige Informationen der Verwaltung zu informieren.

  • NENA – DAS NACHBARSCHAFTSNETZWERK ist eine Plattformidee, in der sich Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde mit deren Ideen einbringen und auch Verantwortung zum „selbst tun“ übernehmen können. Hier können Projektvorschläge, aber auch Anliegen deponiert werden, die anschließend von Bürgerinnen und Bürger selbst, von Unternehmen oder Vereinen wie auch von der Gemeinde unterstützt, übernommen oder umgesetzt werden können. Dadurch wird das Miteinander in der Gemeinde gestärkt und aktiv vorangetrieben.

  • DAS FRANZ – eine futuristische, visionäre Idee, die die Zukunft eines smarten Dorf- und Gemeindeleben beschreibt. Es werden die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund gerückt und physische Räume mit digitaler Assistenz kombiniert. Diese organisiert mittels Sprachsteuerung zum Beispiel den Mittagstisch im Coworkingspace, individuelle Mobilitätslösungen und findet mittels Interessensmatching neue soziale Kontakt.

Aufgrund der sehr innovativen Ideen entschied die Jury überraschenderweise zwei Ideen auszuwählen, die nun von der Geschäftsstelle für Technologie und Digitalisierung weiter unterstützt werden sollen: NENA – DAS NACHBARSCHAFTSNETZWERK und DAS FRANZ.

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Video


© Foto & Video Mostviertel, Markus Hager



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